The Civil War (Part 9)

Abraham Lincolns Proklamation und die Sklavenbefreiung

Nach der Schlacht von Sharpsburg bzw. Antietam mußte sich der Südstaaten-General Robert E. Lee auf Grund Mangels an Nachschub und Munition nach Virginia zurückziehen. Die Regierung der Union sah dies als strategischen Sieg für den Norden an und beschloß, die Gunst der Stunde zu nutzen, um eine vorbereitete Erklärung an die Weltöffentlichkeit abzugeben und den Krieg zwischen den Staaten damit stark zu beeinflussen. Mit Wirkung vom 01.01.1863 wurden alle Sklaven in den rebellierenden Südstaaten für frei erklärt, zumindest auf dem Papier. Bis zum heutigen Tag wird dieser Akt der Menschlichkeit falsch ausgelegt bzw. überbewertet. Im folgenden möchte ich dem Leser einige Fakten zu dieser Proklamation erläutern.

Eine Frage, die heute besonders den "Südstaatlern" unter den Hobbyisten der Re-enactment- und der Living History Szene immer wieder gestellt wird, ist die, was man denn als "Rebel" von der Sklavenhaltung halte. Es kursiert immer noch die Meinung, die Nordstaaten wären doch die "Guten" gewesen, da sie die armen Sklaven befreit hätten. Leider kommt es im Extremfall sogar vor, das konföderierte "Freizeitsoldaten" als "Rechtsradikale" betitelt werden. Das es im Bürgerkrieg auf beiden Seiten "Gute" und "Böse" gab, wird oft vergessen.

Die Sklavenhaltung wurde auch im Süden von vielen bedeutenden Persönlichkeiten kritisiert. Selbst Robert Edward Lee hielt diese Institution für "moralisch verwerflich", obwohl er eigene Sklaven besaß.

Ein weiterer Fakt der allgemeinen Meinung in der heutigen Zeit ist, daß Lincolns Proklamation zur Abschaffung des Systems der Sklavenwirtschaft allgemeine Gültigkeit für die gesamte Nation in den damaligen Grenzen habe. Dies ist leider nicht so.

Abraham Lincoln, Präsident der Vereinigten Staaten, hatte Anfangs überhaupt nicht die Absicht, die bestehende Sklaverei zu bekämpfen. Sein Ziel bis zum Ausbruch des Krieges war es, die Ausdehnung dieser Institution auf neu errungenes Land zu unterbinden.

"Es ist nicht meine Absicht, direkt oder indirekt gegen die Institution der Sklaverei in den Staaten vorzugehen, wo sie bereits besteht."

Lincoln als oberster Kriegsherr der Union schickte anfangs seine Truppen auch nur dafür ins Feld, die "Rebellion" der abgefallenen Südstaaten zu zerschlagen und die Union in ihren alten Grenzen zu erhalten.

Nach den ersten Fehlschlägen des Nordens und dem erfolgreichen Vorgehen der konföderierten "Army Of Northern Virginia" unter General R. E. Lee machte sich erstens langsam eine Kriegsmüdigkeit in den Nordstaaten breit, zum zweiten bestand die Gefahr, das europäische Nationen, besonders England und Frankreich, die Konföderierten Staaten von Amerika anerkennen und militärisch unterstützen würden.

In dieser Situation schwenkte die Regierung unter Lincoln ihre Meinung in Richtung Abolitionismus um. Erstens würde die Kriegsführung um ein "Kampfziel" reicher, zweitens würden sich die Europäer nie einer humanen Bewegung entgegenstellen und sich offen mit den Konföderierten Staaten von Amerika verbünden. So erließ Lincoln am 22. September 1862 nach dem strategischen Sieg von Antietam (Sharpsburg) seine Proklamation, daß ab dem 01.01.1863 alle Sklaven in den rebellierenden Staaten für frei erklärt werden. Aber eben nur die in den rebellierenden Staaten.

Der Präsident der Vereinigten Staaten konnte es sich nicht leisten, die Sklavenhaltung in den neutralen oder besetzten, teilweise unionistisch gesinnten Grenzstaaten zu verbieten. Dies hätte unter Umständen den Abfall dieser Gebiete von der Union und den Eintritt in die Konföderation zur Folge gehabt. Die Armeen des Südens wären dadurch verstärkt wurden. Außerdem war sogar in der Hauptstadt des Nordens, Washington, die Sklaverei erlaubt. Lincoln bewegte sich auf einem schmalen Grat.

An eine Sklavenbefreiung in den gesamten Vereinigten Staaten der damaligen Zeit war nicht zu denken, auch wenn das oft behauptet wird. Dieser Schritt erfolgte erst nach Beendigung des Krieges am 18. Dezember 1865 durch den 13. Amendment (Zusatz) zur Verfassung der Vereinigten Staaten unter dem Präsidenten Andrew Johnson. Lincoln war bereits am 14. April des selben Jahres von dem Schauspieler John Wilkes Booth erschossen wurden.

Um diesen Artikel zu untermauern habe ich im Folgenden den wichtigsten Teil der Proklamation wiedergegeben. Darin können die hier behaupteten Fakten nachgelesen werden:

The President Of The United States Of America

Proclamation



Ich erkläre hiermit, das vom heutigen Tag, dem ersten Tag des Januar im Jahre des Herren 1863 an, alle Personen, die in irgendeinem Staat oder in einem Teil eines Staates als Sklaven gehalten werden, deren Bewohner sich noch in Rebellion gegen die Vereinigten Staaten befinden, von jetzt an und für immer frei sein sollen, und das die vollziehende Gewalt der Regierung der Vereinigten Staaten, einschließlich der Heeres- und Seestreitkräfte, die Freiheit solcher Personen anerkennt und garantiert.

Hiermit erlege ich allen nunmehr zu freien Menschen erklärten Personen die Pflicht auf, sich jeder Gewalt zu enthalten, es sei denn, in notwendiger Selbstverteidigung, und ich empfehle ihnen, daß sie auf freiwilliger Basis für einen vernünftigen Lohn getreulich ihre gewohnte Arbeit verrichten.

Für diesen Akt, von dem wir aufrichtig glauben, das er ein Akt der Gerechtigkeit ist, garantiert durch die Bestimmungen der Verfassung, und erforderlich durch die militärische Notwendigkeit, erflehe ich das wohlerwogene Urteil der Menschheit und das gnädige Wohlgefallen Gottes, des Allmächtigen.

Abraham Lincoln

Laut Abraham Lincoln bezieht sich die Proklamation nur auf "...alle Personen, die in irgendeinem Staat oder in einem Teil eines Staates als Sklaven gehalten werden, deren Bewohner sich noch in Rebellion gegen die Vereinigten Staaten befinden...", und er erklärt ebenso, daß diese Maßnahme "...erforderlich durch die militärische Notwendigkeit..." sei.

Nicht zu vergessen ist auch der Fakt, daß nach der Freilassung der Sklaven diese für den militärischen Dienst in den Reihen der Yankee-Armeen bzw. der US-Marine zur Verfügung standen. Dieses Potential verstärkte die Kampfstärke der Nordstaatler nicht unbeträchtlich.

Das die Abschaffung des Systems der Sklavenhaltung eine noble und gerechte Sache war, wird niemand bestreiten. Man sollte aber gerade die Proklamation des Präsidenten der Vereinigten Staaten nicht überbewerten. Nicht der Mensch stand im Mittelpunkt, es handelte sich vielmehr um einen geschickten Schachzug, um den Kriegsverlauf zu Gunsten des Nordens zu beeinflussen.

Joe N.